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Milena Glimbovski

Irgendwo in Mittelschweden, hinter den Birken an einem zugefrorenen See. Ganz schön eingepackt tritt die erfolgreiche Unternehmerin und Gründerin von “Original Unverpackt” aus ihrem schnuckeligen Häuschen. Wir reden über gute Pläne, ungeplante Auszeiten, den Klimawandel,  Frauenthemen und – Hafermilch.

 

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us dem Mega-Trend New Work ist für sehr viele Menschen quasi über Nacht gelebter Alltag geworden. Gestern saßen wir noch im Büro. Die weltweite Pandemie Covid-19 hat ließ von uns zu Homeoffice und Homeschooling Routiniers werden.

Auch wir leben und arbeiten mittlerweile an drei unterschiedlichen Standorten (Hamburg, Småland, Nordheide), haben aus der vermeintlichen Not eine befreiende Tugend gemacht. Karlsson unser “Good Life Explorer” bringt uns an all die Orte, die interessant sind, wo wir spannende Menschen treffen und wo es überhaupt möglich ist. Aktuell ist das im Norden von Schweden.

Milena Glimbovski, die Gründerin und Geschäftsführerin des “OU Original Unverpackt “Ladens in Berlin und von „Ein guter Verlag”, den viele vom ganzheitlichen Terminkalender „Ein guter Plan” kennen, verbringt diesen Winter ebenfalls in Schweden, “just by accident”.

Wir haben uns spontan per Instagram zum Gespräch verabredet.

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Wir sind neugierig auf die Frau, die mit ihrem OU-Laden als Pionierin die Zero-Waste Bewegung nach Deutschland gebracht hat, die inzwischen Mutter ist, Bücher schreibt und sich als Umweltaktivistin und Bloggerin auch ökologisch / politisch engagiert. Am frühen Nachmittag

“Der Kampf gegen den Klimawandel zieht sich wie ein grüner Faden durch mein Leben.”

Die Begrüßung ist herzlich, soweit man das mit dem inzwischen schon fast zur Gewohnheit gewordenen Sicherheitsabstand sagen kann. Gut eingepackt, mit wärmender Jacke, Schal und Mütze stapfen wir durch die malerische Winterlandschaft zum See um die Ecke. Auf dem Weg noch ein kurzer Klönschnack mit Nachbarin Ingela, die prima deutsch spricht, nach eigener Aussage ziemlich neugierig – und inzwischen zu einer Freundin der kleinen Familie geworden ist.

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Wir möchten wissen, was Milena mit Schweden verbindet, wie sie dieses Land für sich entdeckt hat? Es war ihr Partner Paul, der Skandinavistik studierte und ihre Begeisterung entfachte.

Im Frühjahr 2020 wollten sie für 2-3 Wochen bleiben. Der Lockdown in Deutschland hat daraus dann einige Monate werden lassen. „Wir dachten nicht, dass wir so lange hierbleiben würden. Pauls rechter Fuß war gebrochen, als wir hier herkamen. Er hat nicht einmal seinen rechten Schuh mitgenommen, weil wir so sicher waren, dass wir schon bald wieder zurück sein würden.

Wie sich herausstellte, ist das Leben auf dem Land gar nicht so schlecht. Wir können beide von zu Hause aus arbeiten, wir teilen uns die Pflege unseres Sohnes und haben uns von den meisten Menschen isoliert.”

Homeoffice funktioniert von Schweden aus genauso gut wie von Berlin-Kreuzberg. Das Abstandhalten fällt hier dank der niedrigen Bevölkerungsdichte doch sehr viel einfacher.

Im Mittelpunkt steht aktuell nun ihr Sohn, der ungestört und nach Herzenslust spielen kann. Milena und Paul haben ihre Arbeitszeit von 40 auf 20 Stunden reduziert. Eine hervorragende Internet-Infrastruktur in Schweden und ihr sehr gutes Team in Deutschland machen dies möglich. Es besteht aus mittlerweile 25 Personen, die den Laden in Kreuzberg mit lokalem Lieferservice und einem stetig wachsenden Online-Shop betreuen. Das Ladengeschäft wird es für Milena immer geben. Eine Zukunft ohne Einzelhandel kann sie sich nicht vorstellen und wir wollen es nicht. Das Sterben vieler kleiner Geschäfte in diesen Zeiten wird wohl das Städtebild nachhaltig verändern.

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„Ich wollte eigentlich keinen „Unverpackt-Laden” haben. Ich wollte keinen Müll mehr produzieren.”

 

Auf unsere Frage, wie denn ein Unverpackt-Laden und ein Onlinehandel zusammen passen, erklärt Milena „Ich wollte eigentlich keinen „Unverpackt”-Laden haben. Ich wollte einfach keinen Müll mehr produzieren. Mit den Produkten aus unserem Online-Shop helfen wir, mit dazu beizutragen.”

Die ersten Bestellungen aus dem OnlineShop hat sie noch mit einer Mitarbeiterin aus dem Büro versendet. Dann wurde daraus ein Regal im OU-Laden, später eine Untermiete bei einem Logistiker. Heute hat der Online-Handel sein eigenes Versandlager und 7 weitere Arbeitsplätze geschaffen.

Eine Unternehmerqualität und Haltung, die uns in den Gesprächen immer häufiger begegnet. Sebastian von Fischfeinkost Baier nannte es „eine Form des grünen Sozialismus”. Hier wird nicht dem Gott des Kapitalismus gehuldigt. Es geht darum, im Einklang mit der Natur nachhaltig und sinnhaft zu wirtschaften.

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In Schweden wird Milena vor neue Herausforderungen gestellt. Hier gibt es keine reinen Bio-Läden. Und in den Supermärkten sieht es aus wie überall: Gurke, Tomate und andere Früchtchen blicken traurig durch Plastikfolien auf die Verbraucher. Aber auch hier gibt es die Entwicklung viele Landwirte und Gärtnereien hin zur Selbstvermarktung. Sie bieten ihre Waren in offenen Holzbuden an. Der Kunde schreibt alles auf und zahlt fast ausschließlich bargeldlos mit dem mobilen Zahlungssystem Swish (welches leider nur den Schweden vorbehalten ist). Das bedeutet, jeder Einkauf will gut geplant sein und es macht Sinn, Vorräte in Keller und Kühltruhen zu sammeln.

Den letzten Sommer hat Milena genutzt, sich einiges über regenerative Landwirtschaft anzulesen. Der eigene Garten soll nun einen Teil der Selbstversorgung zu sichern. Mit einem ortsansässigen Gärtner ist sie bereits in Kontakt, um in Kooperation unverpackte Angebote zu schaffen. Wie gesagt, Milena ist eine Unternehmerin aus Leidenschaft.

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Zurück vom winterlichen Spaziergang, holt Milena noch ein paar Scheite Holz aus dem Schuppen. Heute Morgen  hat der Schornsteinfeger den Kamin offiziell abgenommen. Der sorgt nun schnell für angenehme Wärme. Paul macht uns einen Kaffee, draußen am Vogelhäuschen herrscht rege Betriebsamkeit, ihr Sohn schläft selig nebenan – alles erinnert ein bisschen Bullerbü.

Wie immer habe ich meine Kamera dabei, das trifft sich gut. Milena braucht ein paar Motive für ein weiteres Herzensprojekt, Periodenunterwäsche von @its.me.ooia – das unterstütze ich gerne.

„Mein Fokus ist mein Unternehmen. Ich bin Geschäftsführerin, nicht Influencerin.”

Auf Instagram hat Milena über 27 Tsd. Follower und sie postet regelmäßig, sagt ihre Meinung und zeigt Haltung. In ihren Posts und Stories geht es überwiegend um Frauen, um Ernährung und um Lebensmittel. Sie hält den virtuellen Finger in die Wunden und macht sich für die Schwachen stark. Dennoch ist das nur ein (kleiner werdender) Teil ihres bunten Lebens. In erster Linie ist sie Unternehmerin, nicht Influencerin und sie ist Mutter.

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Wie auf Stichwort wird ihr “Goldjunge” wach. Noch sehr verschlafen verlangt er seine Kuscheleinheiten und er bekommt sie.

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Nun wären wir aber nicht die Tastery, wenn es nicht auch etwas zu essen oder besser gesagt zu trinken gäbe.

In der Küche von Milena fällt uns eine Milchflasche mit einem Trichter auf. “Ich habe gerade Hafermilch selbst gemacht. Das ist total einfach, wollt ihr mal sehen?” Schon sprintet unsere Gastgeberin zum Mixer, wirft ein paar Zutaten hinein und wenige Minuten später steht eine gefüllte Flasche Hafermilch vor uns.

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Hafermilch selber machen:

  • 60 g Hafer
  • 1 L kaltes Wasser
    1 Dattel oder etwas Ahornsirup

Das Ganze für 2-3 Minuten in den Mixer geben und durch den Eco-Nussmilchbeutel von @originalunverpackt pressen, man kann natürlich auch ein Leinenhandtuch / Passiertuch nehmen 🙂
Das Pressen dauert manchmal ein paar Minuten, lohnt sich aber und man spart Verpackung und Geld.
TIPP:
Das, was im Sieb übrig bleibt, kann man prima zum Frühstücks-Müsli geben. Beitragsbilder Milena4

Die Zeit vergeht wie im Flug. Das ist immer so, wenn man etwas tut, was einem Spaß bereitet, gute Gespräche führen zum Beispiel. Der Sohnemann möchte nun doch langsam die ungeteilte Aufmerksamkeit und wir machen uns wieder auf den Weg.

Vielen Dank an Milena und Paul für die schönen Stunden und die privaten Einblicke. Genießt eure Zeit im Norden und viel Erfolg für all eure Ideen!

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