Fladenbrot aus dem Norden

Echtes Schwarzbrot kommt aus Deutschland, Knäckebrot aus Schweden und Fladenbrot aus dem Orient – soweit unsere Vorstellung. Dann führte uns der Zufall an die "Höga Kusten".

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ir verbringen den Jahreswechsel in unserer schwedischen zweiten Heimat, in Småland. Der Lockdown in Deutschland verschärft sich. Die Lust zu bleiben wächst.

In der Küche hängt eine farbige, alte Aquarellzeichnung von Schweden. Ganz im Süden, in Helsingborg beginnend, führen wir den Finger nach oben, über die Orte und Städte, die wir schon gestreift oder besucht haben. Weit unterhalb der Mitte des Landes bleiben wir stehen. Genauer gesagt in Gävle. Hier haben wir im letzten Winter bei Mackmyra eine Whiskyprobe, besucht. Höher sind wir noch nicht kommen. Das soll sich ändern. Unser Ziel liegt ca 1300 km weiter nördlich:

Schwedisch Lappland. Die Region ist bekannt für Polarlichter, die Kultur der Samen, Rentiere und unvergessliche Naturerlebnisse unter der Mitternachtssonne.

Beitragsbilder Tunnbroed Landkarte

Und warum eigentlich nicht?! Für viele stehen solche Reisen auf der berühmten "Bucket List". Worauf sollten wir warten? Alle geschäftlichen Termine wurden wegen der strengen Beschränkungen bis auf weiteres verschoben. Und unser Explorer Karlsson ist (laut Ausbauer) wintertauglich, das will getestet sein.

In unserer Familie haben wie eine Norrland-Expertin. Sie gibt uns viele hilfreiche Tipps, Adressen und eine Packung Tunnbröd mit auf den Weg.

Am ersten Tag wollen wir Strecke machen. Noch sind die Straßen schneefrei. Wir kommen bis Uppsala. Das Tunnbröd nicht. Es schmeckte so lecker, dass wir nicht an uns halten konnten.
Nachschub wäre nicht schlecht. Ein Blick auf die Webseite verrät, die Produktion von Mjälloms Tunnbröd sitzt in Ullånger . Also quasi auf dem Weg. Die Öffnungszeiten sind täglich von 6 - 21h, auch am Sonntag ...

Beitragsbilder Tunnbroed Landschaft
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Mit jedem der knapp 500 km wird es winterlicher. Wir erreichen das Norrland. Der Himmel gleicht immer mehr den Farben auf dem Aquarell, hellgelb, zartrosa bis pink und himmelblau.

Je nördlicher wir kommen, umso kürzer werden auch die Dämmerungs- und Tageslichtphasen. Als wir gegen 16 Uhr in Ullånger ankommen, ist es bereits dunkel.

 

Beitragsbilder Hoch Tunnbroed Fenster
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Ullånger ist keine Stadt, unserer Größenvorstellung, eher ein Stadtgebiet, eine weit auseinandergezogene Ansiedlung von wenigen und einzelnen Häusern (sehr typisch für Schweden).

Die Straßen sind schmal, weiß und an den Rändern türmt sich der Schnee, noch zweimal links abbiegen und wir stehen im Industrivägen 10.

Der Parkplatz ist leer. Es scheint niemand da zu sein, doch im Ladengeschäft brennt Licht. Wir trauen uns hinein.

 

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Wow! Ein Feinkostladen, wie wir ihn in Hamburg Eppendorf oder in Berlin Zehlendorf erwarten würden.

Neben einem riesigen Regal mit den unterschiedlichsten Sorten an Tunnbröd gibt es Pastas, Pestos, Marmeladen, Öle und süße Köstlichkeiten von der "Höga Kusten".

 

Die "Hohe Küste" im Nordosten Schwedens ist eine UNESCO Welterbestätte, die wegen ihrer einzigartigen, außergewöhnlich schönen Land- und Meereslandschaft und den typischen Klippen und Felsen aus Nordinggrågranit berühmt ist. Kulinarisch interessieren sich die Einheimischen der Region zunehmend für‘s Kochen in der Natur und sammeln lieber selbst Pilze und Blaubeeren, anstatt sie zu kaufen. Auch der berühmt-berüchtigte fermentierte Hering namens „Surströmming“ ist ein traditionelles Gericht der Hohen Küste.

 

Die Kühlregale vor uns, sind bestückt mit vorrangig regionalen Fleisch- und Wurstwaren. Die offene Theke bietet eine große Auswahl an losem und abgepacktem Käse.

In Anbetracht der langen Wegstrecke, die vor uns liegt, mit immer weniger Infrastruktur, packen wir den Warenkorb voll mit Leckereien. Wer weiß, wann wir wieder etwas zu Essen bekommen, da wollen wir vorbereitet sein 😉

 

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Wir haben gelernt, die Schweden lieben ihre "Fikapaus" und haben auch sonst einen ganz anderen Umgang mit Arbeits- und Lebenszeit. Aus unserer Sicht für die Menschen gesünder und offensichtich auch produktiv.

Nach einiger Zeit wundern wir uns dann aber doch, dass kein Mensch zu sehen ist und wir hier quasi unbemerkt den ganzen Laden einpacken könnten. Wir unterhalten uns lauter, um auf uns aufmerksam zu machen.

Bedienen uns an dem einladenden Kaffeevollautomaten und greifen bei den sehr lecker duftende Kanelbullar zu.
Irgendwann rüteln wir dann doch mal an der Personaltür und rufen, da wir weiter wollen.
Da entdecken wir die Scanner-Kasse und das Schild neben der Ladentür.

Es gibt eine Ladenöffnungszeit mit Bedienung aus der Frischetheke und eine reine Selbstbedienungszeit, in der wir uns gerade befinden.

Wir sind eingeladen, unseren Einkauf selbst über eine Scannerkasse abzurechen und mit Karte zu bezahlen.

 

Dieses Vertrauen in die Kundschaft sind wir (leider) nicht gewohnt und sehr begeistert. Gerne schreiben wir ein langes, ehrliches Lob in das ausliegende Gästebuch.

Auf dem nächsten Road-Trip werden wir rechtzeitig da sein, um uns bei dem Team um Torbjörn Ullsten zu bedanken und die Produktion zu besichtigen.

Die älteste Fladen-Bäckerei Schwedens wurde 1923 von seiner Großmutter, der damals 21 jährigen Rut Viberg gegründet. Eine weitere, großartige Geschichte, die wir ein anderes Mal erzählen wollen.

Bis dahin versuchen wir uns selbst an einem echten Tummbröd. Der Ofen ist schon vorgeheizt.

Fladenbrot hat in Norrland sehr alte Traditionen. Wie der Name schon sagt, ist das Brot dünn, was seine historischen und klimatischen Gründe hat. Weizen ist das beste Getreide zum Backen von Brot, aber aufgrund des kalten Klimas und der kurzen Sommer wurde Gerste das einzige Getreide, das im Norden des Landes angebaut werden konnte. Da Gerstenmehl im Gegensatz zu Weizen keinen natürlichen Glutengehalt aufweist, der benötigt wird, damit der Teig fermentiert und somit durchgebacken werden kann, wurde der Teig stattdessen abgeflacht. Auf diese Weise wurde der dünne Gerstenteig durchgebacken und das Fladenbrot "gudskelov" (Gott sei Dank) erfunden.

Tunnbröd Rezept:

200 gr Gerstenmehl
(oder 100g Roggen- & 100g Weizenmehl oder nur Weizenmehl)
125ml Wasser
50g Butter
1/2 TL Salz

Zubereitungszeit: 10 Minuten
Kochzeit: 10 Minuten

Die Zubereitung Die Butter wird in einem Topf auf dem Herd geschmolzen.
Wenn die Butter geschmolzen ist wird sie in eine kleine Schüssel gegeben,
sodass sie etwas abkühlen kann. Sie muss aber flüssig bleiben.

Das Mehl zusammen mit den anderen Zutaten und der geschmolzenen Butter vermengen und alles zu einer gleichmäßigen Teigmasse kneten. Kleine Mensheb abnehmen zu Fladen formen.
Die Fladen in einer Pfanne ohne Öl gebacken.
Wenn das Tunnbröd beim Backen Blasen schlägt, dann werden diese einfach kurz eingestochen.
Je länge die Fladen in der Pfanne bleiben, desto knuspriger werden sie.

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mjälloms

Tunnbröd AB