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Das Oel der Chefs

Berlin Mitte. Hinterhof. Das wissen wir nur, weil wir im Vorderhaus schon einmal die fünf Stockwerke hinauf und wieder heruntergelaufen sind. Ein zufällig auftauchendes Paar weist uns dann den Weg. Die drei Ölprinzen sitzen im Hipster-Büro und haben uns offensichtlich nicht erwartet. Was dann folgt, haben wir nicht erwartet.
Marc von Oel Berlin

OEL Berlin. Auf den ersten Blick haben die drei Männer nicht viel gemeinsam, außer der Kopfbedeckung und einem urwüchsigen Bart. Ein Berliner, ein Halbgrieche und ein Italiener sind die Köpfe des noch recht jungen Unternehmens, das sich anschickt, ihr ausgezeichnetes Bio Olivenöl aus Griechenland europaweit in Bio-Märkten und der Gastronomie zu etablieren. Sie sind auf dem besten Wege. Aktuell produzieren sie gut 100.000 Liter des grünen Golds in Bio-Qualität. Das haben sie ihrem Entdeckergeist, ihrer Kreativität und Oma Anthoula zu verdanken.

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 W

ir kommen pünktlich aber doch etwas ungelegen. Unser Gespräch mit Marc beginnt leicht gekühlt. Wir müssen wohl alle erst ein wenig warmlaufen. Schnell merken wir jedoch, dass dies keins der jungen Start-ups ist, die nur eins im Kopf haben, skalierbaren Erfolg. Dabei wussten sie schon früh, wo die Reise hingehen soll: ins Regalfach.

“Ich habe früh mitgekriegt, dass das Öl, was Amadeus aus den Ferien mitbringt, etwas Besonderes ist. Das schmeckt man auch, wenn man sich nicht damit auskennt. Dann gab es die Witzeleien während des Abis, wo keiner wusste wo soll es mal hingehen? Ausbildung, Studium oder doch erstmal um die Welt? Bei mir war’s dann Letzteres, bei Amadeus die Ausbildung.”

 

Das Öl lässt sie nicht los. Sie wollen es weiterdenken. 2014 haben sie dann den Mut, mieten einen Transporter, fahren nach Griechenland und machen bei der Oma die erste eigene Ernte mit. Sie konnten die Menschen vor Ort davon überzeugen, von ihrem privaten Kontingent Öl zu verkaufen. Sie wollten ausprobieren, ob es funktioniert. Wie die Qualität ankommt.

“Wir sind von dem Roadtrip wiedergekommen, mit ‘ner Radkappe weniger, einem Loch in der Scheibe und 1,5 Tonnen Olivenöl in Blankobottichen abgefüllt, weit weg von der Marke jetzt. Wir hatten ein Netzwerk zur Gastronomie, weil wir selber da gejobbt haben. Die Köche in Berlin und Brandenburg sind ausgeflippt. Innerhalb weniger Wochen war die Ware komplett verkauft. Offensichtlich waren wir mit dem Eindruck der Qualität nicht allein.”

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2015

haben sie sich dann zurückgezogen. Ein Jahr lang haben sie an der Entwicklung der Marke gearbeitet. Eine Marke, die es so bisher nicht gab, weit weg von Glasflaschen, Statuen, Olivenzweigen auf Flaschen und irgendwelchen verspielten Namen.  Sie wollten eine Marke, knallhart, nüchtern, in die Zeit passend und eine, die für sich selbst spricht. Die überzeugt, allein schon durchs Aussehen.

Durch Amadeus’ Oma Anthoula sind wir zum Öl gekommen. Ihr Konterfei ist das Gesicht der Marke, verleiht ihr im Kontrast zur sonst minimalistischen, stylishen Anmutung, eine Emotionalität. Das Logo, das Emblem, wurde von einer guten Freundin realsiert.

“Wir pressen nicht, wir extrahieren.”

1000 Olivensorten gibt es weltweit – Öl ist eben nicht gleich Öl.
Was kaum eine weiß ist, dass das Thema ähnlich komplex ist wie beim Wein.

“Die Koroneiki ist eine reine Öl-Olive. Den Kern braucht man fürs Öl gar nicht (den nutzt höchstens die Industrie, damit sie mehr Masse hat). Unser Öl wird nur aus Fruchtfleisch gewonnen. In der Ölmühle wird aus den Oliven dann ein Maischebrei gedreht, dieser kommt in dann in die Zentrifuge. Jeder Bestandteil der Olive hat eine eigene Dichte, das Öl, das Fleisch, der Kern, alles “fliegt” in unterschiedliche Richtungen und unten raus kommt das fertige extrahierte Öl. Wir pressen nicht, wir extrahieren, das ist die allerschonendste Art.”

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Simone gesellt sich zu uns. Simone ist Italiener und der Dritte der im Bunde. Ein stolzer Italiener und griechisches Öl?

“Alle in Italien wissen, dass die besten Oliven aus Griechenland kommen – aber nicht das beste Öl.” (er lacht:-)

Seine Freundin hat eine Urangst vor Butter, aber das ist nur einer der Gründe. Was er schätzt, ist die handwerkliche Arbeit bei der Olivenernte, hier kann er was Einmaliges schaffen. In Italien hat er angefangen, Philosophie und Theologie zu studieren, an der HU in Berlin hat er dann den Master gemacht. Zuviel Theorie, zu wenig Praxis. Das ist heute anders. Seiner Kreativität, die so lange in ihm geschlummert hat, lässt er jetzt beim Tätowieren freien Lauf.

Natürlich bekommt er für seine Arbeit Geld, aber muss nicht davon leben. Für einen Künstler ist das purer Luxus. Sein Antrieb ist holistisch und leise elektrisch, jedenfalls wenn es um das Ausliefern der OEL-Kanister geht. (Eine der Maßnahmen in Corona-Zeiten). Das Erfüllende bei der Arbeit ist das Körperliche. Er fragt sich dabei oft, wo die zukünftigen Generationen, die in der digitalen Welt aufwachsen und leben, Sinn finden können? In seinem Leben sucht Simone nach einem ausgewogenen Weg zwischen Digitalisierung und dem Analogen, dann düst er leise davon, zu seiner Freundin, mit OEL im Gepäck.

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Marc

“Inzwischen haben wir uns ziemlich warm geredet. Der Funke ist längst übergesprungen. Wir spüren die Leidenschaft, uns imponiert die Konsequenz und es begeistert uns die Transparenz – bezogen auf OEL und auf ihr Leben.

Marc erzählt uns, dass er tatsächlich nächste Woche anfangen wird zu studieren, ein lang gehegter Traum: Agrarwissenschaften.

“Ich würd gern dafür sorgen, dass ich wirklich weiß, wovon ich spreche. Ich interessiere mich vor allem dafür, im Hinblick auf die Zukunft: Wie werden wir uns ernähren? Was gibt es für Möglichkeiten? Was gibt es zu hinterfragen und was kann man anders machen? Die Tendenz, zu der die Gesellschaft in ihrem Konsumverhalten neigt, ist Abfall. Machen wir uns nix vor: 200 g Hühnerherzen für 99 Cent ist Abfall. Das System ist Abfall. Mich kotzen rot unterlegte 0-Komma-irgendwas Zahlenpreise an, mich kotzt ein System an, das immer das Beste zum geringsten Preis möchte. Das Bewusstsein ist krank. Das ist ist eine deutsche Erfindung, kriegsgeprägt.”

 

“Wenn wir ernsthaft das Thema diskutieren wollen, dann müssen wir bei den Löhnen und den Mieten anfangen. Dann wären wir schnell bei der Gentrifizierungsdiskussion. Wenn die Leute weniger Geld zur Verfügung haben, dann entscheiden sie ganz genau darüber, wie sie es ausgeben. Beim deutschen Ernährungsverhalten ist verankert: Hauptsache, es macht satt. Davon müssen wir weg. Aber dann müssen wir den Leuten auch ermöglichen, weniger Miete zu zahlen, um mehr Geld für gute Nahrungsmittel zu haben. Nehmen wir Wien als Beispiel. Dort sind 80 % der Stadt in Genossenschaftshand. Man bezahlt geregelte Mieten und hat so Geld fürs Leben. Man konsumiert und ernährt sich anders, das ist bewiesen.”

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Dann wird es noch politischer: “Wenn wir allein über die Erzeugung von Lebensmitteln sprechen, dann ist die entsprechende Verfassung der EU von 1956. Das sind die Römischen Verträge. Bis 2020 ist eine Menge passiert, aber da hat sich nichts gravierend geändert. Die ganzen heimischen Pflanzenkulturen zum Beispiel, die alle den Monokulturen weichen mussten, weil das subventioniertes Geld gebracht hat.  Jetzt werden die Subventionen zurückgestrichen, die Bauern produzieren aber immer noch den gleichen Mist und stehen da im freien Preis(ver)fall… Wenn du da was ändern willst “Bonne Chance”, dann aber in Brüssel.”

Wir diskutieren noch eine Weile über teure Zertifikate, über faire Löhne, über gute Ernährung und über neue Produkte …

Olivenbrot  { Beim Schreiben über Ernährung und vor allem über Oliven, das Öl und die Paste haben wir richtig Appetit bekommen. Kleine Pause an dieser Stelle – Zeit für eine Stulle!  #megalecker! }
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A

madeus, dessen Vater der Grieche und die Mutter Deutsche ist, fühlt sich mit beiden Identitäten wohl. Der familiäre Hintergrund, die Sprachkenntnisse und das Wissen um die Kulturunterschiede, machen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit erst möglich. Doch die Drei sind eine Einheit, das spürt man.

Die Familie in Griechenland während der Wirtschaftskrise zu unterstützen, war eine schöne Brücke. Sie konnten das OEL-Geschäft nachhaltig aufbauen und gleichzeitig die Menschen vor Ort unterstützen, erzählt er uns. Inzwischen haben sie längst ihr eigenes Land und kultivieren die Koroneiki-Oliven an eigenen Bäumen.

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Amadeus

Zur Zeit gibt es vier Produkte: Das OEL, die OELPASTE, eine Art Pesto, das man vielseitig als Aufstrich oder für Dressings verwenden kann, die würzige OELIVEN mit den weltberühmten Kalamatas und verschiedenen Kräutern und einen Gin. Perspektivisch wollen sie weitere Produkte entwickeln und stecken voller Ideen: Aus den Kernen kann man sehr effizientes Brennmaterial fertigen.  Man könnte ein Getränk herstellen, Olivenwasser zum Beispiel. Aus den Blättern kann man einen Tee machen, Kosmetik …

Zum Abschluss wollen mehr über den Menschen erfahren. Als wir Amadeus danach fragen, was ihn antreibt, kommt die Antwort schnell und aus tiefstem Herzen: Jesus Christus. Zugegeben, das haben wir nicht erwartet und sind fast ein wenig beschämt. Was folgt, ist ein längeres Gespräch über das Suchen und Finden, über die Liebe und den Sinn des Lebens. Es geht tief und es bleibt undogmatisch, Gott sei Dank.

Nach fast drei Stunden machen wir uns auf den Heimweg. Reich beschenkt und tief berührt. Wieder einmal wurden wir überrascht, wieder einmal haben wir viel gelernt, über gute Lebensmittel und über die Macher, die sie herstellen. Jetzt steht erst einmal ein OEL-Wechsel an 🙂 Viel Erfolg lieber Marc, lieber Simone, lieber Amadeus, wir freuen uns schon auf das, was kommt!

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OEL Berlin

Amadeus Soterios Herbert Tzamouranis
Marc Vincent Schmidt
Simone Artale